1. Einleitung Überblick über die Arbeit Zu Beginn dieser Seminararbeit möchte ich einen Überblick über die folgenden Kapitel und ihre Thematik geben. Die Einleitung, die einen kurzen Überblick über das gesamte Thema gibt, stammt von Birgit Ammann. Das zweite Kapitel behandelt die Kommunikationsaspekte und wurde von Sylvia Platzer behandelt. Im dritten Kapitel widmete sich Alexandra Mayer der Thematik der Funktion von Schuhen, ihrer Fraulichkeit. Sie geht weiters auf Geschichte und Entwicklung von Fußwerk ein. Im vierten Kapitel geht es um den Fetischismus, erarbeitet von Birgit Ammann. Armin Rainer beschäftigt sich im fünften Kapitel mit der Darstellung des Schuhs in den Medien. Und Christian Dorfmaier behandelt den empirischen Teil im sechsten Kapitel. Wie sind wir auf dieses Thema gekommen? Im Gespräch mit Freundinnen bemerkten wir, daß sehr viele den Schuhen große Bedeutung beimessen. "Wenn ich einen Mann kennenlerne, schaue ich zuerst auf seine Schuhe, dann weiß ich ganz genau, was für ein Typ der ist." Solche Sätze waren oft zu hören. In unserer Seminargruppe herrschten auch recht unterschiedliche Ansichten über Schuhe vor. Ich bevorzuge bequeme Schuhe, die bei jedem Wetter tragbar sind und lange halten. Für mich ist also die Funktion hauptsächlich. Meine zwei Kolleginnen hingegen stellen die Fraulichkeit in den Vordergrund. Und es gibt auch einige Menschen, die Schuhe als Fetisch behandeln. Somit entstand unser Thema: Fußwerk - Funktion Fraulichkeit Fetischismus. Hier möchte ich gleich erwähnen, daß Schuhliebhaber nicht gleich Fetischisten sind. Man kann Hunderte von Schuhen besitzen und sie lieben, ohne fetischistische Neigungen zu besitzen. Ich muß gestehen - und ich kann hier im Namen meiner Kollegen sprechen - wir sind mit einer gewissen Naivität an dieses Thema herangegangen und wurden von der Fülle der Literatur, auch der Medienberichterstattung überrascht. Extravaganzen des Schuhes Besonders beredt sind Schuhe, wenn man etwas über den Geschmack und die Modelaune ihrer Benützer zu erfahren wünscht. Die Mode gesteht dem Schuh zwar nur die Rolle eines Accessoires zu, d.h. er ist, wie etwa der Hut oder die Tasche, nur Zubehör zum Kleid. Ein Gang durch die Schuhgeschichte - bei uns und anderswo - zeigt jedoch klar, daß sich dieses Zubehör gelegentlich sehr pikante Eigenwilligkeiten erlaubt hat. Extravaganzen sind gerade in der Geschichte der Fußbekleidung nicht selten. Extravagant in Form und Bau, in Material, Ausstattung und Schmuck, ausgefallen auch in der Art, Schuh und Kleid zu kombinieren, offenbaren sie Menschen, die nicht nur im Bezug auf Eigenwilligkeiten oder Modetorheiten, sondern auch hinsichtlich Phantasiereichtum und künstlerischem Geschmack sich mit unseren modebewußten Zeitgenossen ohne weiteres messen können. Sprechende Beispiele für solche Extravaganzen sind der gotische Schnabelschuh des 14. und 15. Jahrhunderts, wo die schnabelige Spitze bei Gecken fürstlichen Geblütes 30 cm lang werden durfte und der eigenartige Stelzschuh, für den kokette Damen in Venedig und Florenz der Renaissancezeit schwärmten. Der Schuh als Statussymbol Selbstverständlich gibt der Schuh auch Kunde von der natürlichen und sozialen Umwelt seiner Herstellung und Benützer. Reisstrohsandalen, Stiefel aus Robbenfell, Pantoffel aus Birkenrinde entführen uns in die Reisfelder Ostasiens, zu den Eskimos im hohen Norden oder in die baumreichen Wälder Finnlands. Extravaganzen waren dabei stets Vorrecht des Adels und des reichen Bürgertums. China hielt besondere Schuh- uns Stiefeltypen bereit für seine Mandarine, Offiziere und Priester; Indien für jede einzelne Kaste. Der Schuh war hier wie dort ein ausgeprägtes Standeszeichen. Der Schuh als Glücksbringer Eine sehr eigentümliche, mysteriöse Sprache vernimmt man von Schuhen uns Stiefeln, die nicht Fußbekleidung, sondern bloß Zeichen sein wollen. Es sind bronzene oder irdene Grab- und Opfergefäße zumeist aus Persien und Mexiko stammend, Öl- und Salzbehälter sowie Weinkannen aus Griechenland. Diese symbolhaften Schuhe machen uns mit der Gedanken- und Glaubenswelt des urzeitlichen Menschen bekannt. Mit seinen Füßen und Schuhen hat dieser Mensch der Urzeit nicht nur den Boden dieser Erde berührt, mit ihnen hat er sozusagen die ganze Umwelt durchmessen. Die Schuhe haben ihm nicht nur Schutz gewährt gegen vielfältige Gefahren von außen, sie galten ihm auch als wirksame Waffe gegen die im Erdboden hausenden und ihn bedrohenden bösen Mächte. Dem Schuh hat er die Macht zugeschrieben, den Sinn erboster, strafender Götter zu wandeln. Von niedlichen Schuhen aus Porzellan, Elfenbein oder Glas erwartete man die Erfüllung seiner innersten Wünsche und Sehnsüchte. Bekannte Porzellanmanufakturen in Europa und China haben ihr Kunsthandwerk geschäftstüchtig auch in den Dienst dieser glücks- und liebeshungrigen Damen und Herren zu stellen gewußt. Die Bedeutung der Farbe der Schuhe Für das Fußwerk spielte die Farbe lange nicht bloß eine modische Rolle, sondern drückte die soziale Stellung des Trägers bzw. der Trägerin aus. Purpur verzierte Schuhe waren so seit der Antike ein Privileg des Adels. Der purpur verzierte "Calzeus Senatoris" war, wie der Name schon sagt, allein den römischen Senatoren vorbehalten. Purpurfarbene Schuhe blieben bis in die Neuzeit ein Abzeichen des Königshauses. So zeigt beispielsweise der purpurne Absatz von Schuhen des Rokoko an, daß die Trägerin ein Mitglied der höfischen Gesellschaft war. Erst im 19. Jahrhundert lockerten sich die ständischen Kleiderregeln. Zusammen mit der industriellen Herstellung von Schuhen waren farbige Schuhe für alle erlaubt, wobei die Farbe oft die Gesinnung und Lebenseinstellung der Trägerinnen ausdrückte. Noch heute hat der rote Pump eine ganz eigene Bedeutung und wird in Film und Malerei ganz bewußt als Symbol von Verführung eingesetzt. Der Schuh als Symbol in der Religion In fast allen Religionen hat der Schuh mystische Bedeutung. Er dient zum Kult bei der Begegnung des Gottes in dessen Haus. In der Bibel taucht der Schuh auf, als Moses vor dem Dornbusch seine Schuhe auf den Befehl Gottes auszuziehen hatte. Die Schuhe aus Leder, dem Fell toter Tiere, sind das Symbol der sterblichen Natur der Menschen. Bald wurde diese Bibelstelle so interpretiert, daß das Schuhausziehen einer Forderung nach gottgefälligem Lebenswandel gleichkomme, nämlich einer Befreiung von fleischlichen Banden; eine Bedeutung des Schuhs, die sich teilweise bis heute hält. Der Schuh in der Esoterik Ob als Schutz oder als Aphrodisiakum, der Schuh hat auch hier seine Bedeutung. Bei den Griechen, aber auch in Mexiko und Persien finden sich verschiedene Schuhformen als Behälter verschiedener Art. Auch in der Spätgotik verwendete man auffällige Imitationen von Frauenschuhen als Trinkgefäß, andeutend auf die Fruchtbarkeitssymbolik. Zur Zeit des Barocks und des Rokoko wurde der Schuh zum Symbol der Liebe und Sexualität. Daß der Schuhtalisman auch heute noch nicht ausgedient hat, zeigen die zahlreichen Miniaturschuhe am Innenspiegel des Autos. ... Fetischismus, Skurriles... Die Schuh-Erotik ist vor allem auf eine männliche Verehrung des Frauenfußes und dessen Schuhwerk ausgerichtet. Die symbolische Gleichung lautet: Frauenschuh = Vagina Frauenfuß = Penis Laut alter Volksrätsel ist diese Gleichung darauf zurückzuführen, daß man in eine Fußkleidung hineinfährt, wie ein Penis in die Vagina. Diese symbolische Erklärung würde auch auf den Schuhfetischsten zutreffen. Seine Leidenschaft entbrennt für das Objekt, nicht für die Frau, die es trägt. Der Schuh im Märchen Auch in Märchen ist dieser Fetischismus vorzufinden, denke man an Cinderella, dem weitverbreiteten Märchen "Aschenputtel". Nur die Frau mit dem kleinen Fuß und damit den kleinen Geschlechtsteilen ist seine auserwählte Geliebte. Um dem Schönheitsideal zu entsprechen, schneiden sich dafür die Stiefschwestern sogar Zeh und Ferse ab. Der Prinz hält zunächst nur ein Ding in den Händen, in das er seine ganze Sehnsucht nach der Geliebten hineingibt. Die Hoffnung auf eine romantische Liebe wird durch den verlorenen Schuh auf seine Anprobe versinnbildlicht. Der Schuh der Chinesin Seit dem 10. Jahrhundert banden sich die chinesischen Frauen die Zehen ihrer Füße nach unten. Schon als Kinder wurden sie dieser Tortur unterzogen, um als junges Mädchen mit kleinen Füßen, Ideal der Schönheit geheiratet zu werden. Sie waren unfähig zu gehen, wurden zum angebeteten Liebesobjekt des Mannes, das sich kaum fortbewegen konnte. Erst Quai Jin, eine Freiheitskämpfen wehrte sich gegen das Füßebinden der Frauen um die Jahrhundertwende und rief alle Frauen zur Rebellion auf. Die Fußreform wurde jedoch erst um 1902 von der Kaiserinwitwe Ci Xi erlassen und fand in der 1911 gegründeten Volksrepublik China ihr Ende. Europa zeigte sich gegenüber dieser "Tortur für Schönheit" entsetzt, doch zur gleichen Zeit schnürten sich die Damen der europäischen Gesellschaft ihren Leib mit einem Korsett, das sie am Atmen hinderte, trugen die hören Schichten Stöckelschuhe, spitze Schuhe, so daß ihre verkrüppelten Füße nicht weniger unansehnlich waren. Frauenschuhe - Entwicklung in der Inszenierung von Fraulichkeit Das Bürgertum teilte die Lebensbereiche in Männer- und Frauenwelt, in öffentlich und privat, was unter Anderem auch durch geschlechtsspezifische Schuhe ausgedrückt wird. Den Frauen fiel die Rolle des "schmückenden Beiwerks" zu, die moderne Weiblichkeit war entstanden. Auch wenn die "Urfemministinnen" darin schon eine männliche Unterdrückung erkannten, war die Lust an der Weiblichkeit stark, so stark, daß in den 50er Jahren die Schuhe sich mit Pfennigabsätzen in schwindelerregende Höhen erhoben. Das geschah in einer Zeit, als die Männer vom Krieg zurückgekommen, wieder an die Macht drängten und den Frauen das Heim zuwiesen. Erst mit der Frauenbewegung in den 60er und 70er Jahren wurde das Schönheitsideal wieder vom Sockel gestürzt. Obwohl die Mode als Ausdruck patriarchaler Männerwünsche entlarvt wurde., mußten die Frauen doch aktiv mitgemacht haben. Auf das Symbol "Weiblichkeit" beschränkt, blieb ihnen nur mehr die Selbst-Inszenierung des Körpers. Politisches Subjekt durften sie lange nicht sein, so errichteten sie mittels Kleidung und Schuhe eine Form von Scheinbewußtsein. In den 80er Jahren hoben sich diese Unterschiede auf. Typische Männerschuhe wurden angenommen. Frauen stampften mit "armyboots" durch die Straßen, jedoch mit Minirock und rotem Mund. Hochhackige Schuhe wurden freiwillig zur Selbstdarstellung gewählt und die Unisex-Kleidung, vom X-Large-Leibchen über die Jeans zu den Turnschuhen, eroberten die Welt. Heute wird unterschiedlich und individuell das Anderssein der Geschlechter ausgedrückt. Körperlichkeit im hochhackigen Schuh Anfang des 17. Jahrhunderts leitete der Absatz am Schuh eine neue Epoche des Körperlichen ein, die bis heute andauert. Der Absatz verändert die Körperhaltung, der Bauch fällt ein, die Brust heraus, das Becken bekommt für das Gleichgewicht Bedeutung, die Knie werden durchgedrückt, kurzum: Der Absatz streicht die erotisch wirkenden Körperteile heraus. Wenn er auch bei Männern und Frauen von Anfang an gleich verwendet wurde, so war es für Frauen, neben der Betonung des Decoltées, auch eine Möglichkeit, den Fuß optisch kleiner erscheinen zu lassen. Die Frau als Lustobjekt und schwindelerregend hohe Absätze sind ein untrennbares Paar. Dirne wie Kokotte hatten nie einen großen, aber stets einen hohen Fuß. Frauen, die sich zum Individuum erkämpften, erniedrigten bewußt ihren Absatz, um der Dreieinigkeit von Busen, Schoß und Lenden für die männlichen sexuellen Begierden auszuweichen. Doch der Schuh hat nicht nur sexuelle, sondern auch musikalische Bedeutung. Ein Walzer oder ein Tango mit einer Partnerin ohne hochhackige Schuhe verliert an Eleganz. Spätestens seit Fred Astaire und Ginger Rogers und ihren Stepptänzen hat der Schuh seine Musikalität bewiesen. Im Gegensatz dazu stehen die lautlosen Schuhe der Ballettänzerin, um das Schweben ihrer Tanzart zu betonen. Doch muß man kein Tänzer sein, um der Musikalität nachzuspüren. Der Absatz und sein Klang vermitteln einiges über den Gang, aber auch über den Gemütszustand der Trägerin, je nach dem, ob sie trippelt, tappelt, ausschreitet oder bedacht ihren Weg geht. Der Schuh in der Kunst und als Modegag Die Kunst bedient sich ebenfalls der verschiedenen Metaphern des Schuhs, sei es der religiösen, wie der individuellen Physiognomie des Schuhwerks, oder seiner Erotik. Große Künstler wie Vincent van Gogh, Salvador Dali und Andi Wahrhol haben sich der Schuh-Metapher bedient. Aber auch die Literatur ging auf den Schuh ein. Bildnisse und Gleichungen anhand der religiösen Schuh-Metapher hat nicht nur Shakespeare in seinem "Hamlet" eingebaut, auch Heinrich Heine konnte sich ihrer nicht erwehren. Weitere Beispiele: Wilhelm Busch war schon in der Reihe der Kritiker des Gottesglaubens und damit des Stürzens des "gottgefälligen Schuhes" beschäftigt und Wilhelm Raabe stützte sich schon allein auf das Menschliche im Schuh, wie auch Emil Zola und Hugo von Hofmannsthal es taten. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich einige bildende Künstler das Thema "Schuh" als Ausdrucksmittel ausgewählt, wobei diese Schuhe die Form von Masken und Tieren annehmen, aus Federn, aus Stahlwolle, aus Papier und anderem mehr Botschaft vermitteln sollen. Doch mit dem Schuh sind nicht nur Künstler kreativ. Er ist für viele ein gutes Mittel, sich gegen die Monotonie des Alltags zu wehren. Der Schuh als Modegag, als Aufschrei eigener Originalität kann die graue Langweile des Alltags aufschrecken. Dennoch entsteht auch bei dieser Lust zum Außergewöhnlichen oft ein Mitläufereffekt, wie in Subkulturen so oft zu sehen, und die modische Anti-Mode wird zum verzerrten Spiegelbild.